Stadtgeflüster
Bregenz
11.12.2019
Einkaufserlebnis für
„Besserverdiener“?
Unlängst bezeichnete WIGEM-Obmann Clemens Sagmeister in einem Interview Bregenz als „Einkaufserlebnis für Besserverdiener“. Das mag vielleicht für die Geschäfte der Römer- und Kirchstraße gelten, wohl aber kaum für die ganze Innenstadt.
Zwei Bespiele: In der Bahnhofstraße eröffnete kürzlich ein Geschäft, in dem zuerst vor allem Blumen - ziemlich bunt, ziemlich trashig und ziemlich günstig – zu erstehen waren. Mittlerweile werden dort, wo ehedem Luxus-Betten verkauft wurden, auch Gebrauchsgegenstände wie Kleidung oder Tassen (mit denselben vorher genannten Eigenschaften) offeriert. Vielleicht ist dies als Ersatz für die Marktstände am ehemaligen Klosamarkt, so sie jemand vermisst, zu sehen – wer jedenfalls Pullunder in Aquarellfarben oder T-Shirts mit dem Aufdruck „Iron Maiden-Tour 2002“ sucht, hat dort die besten Chancen. Ein „Einkaufserlebnis für Besserverdiener“ ist das aber sicher nicht, eher ein „Einkaufserlebnis für B-Movie-Fans und Skurrilitäten-Sucher“. Immerhin.
Einen ebenfalls recht eigenwilligen Genuss- und vor allem Geruchs-Eindruck vermittelt in Bälde wohl auch die Gastronomie am Kornmarkt, wird doch aus dem Cafe „Cuenstlerin“ ein Döner-Lokal. Nichts gegen Döner, der macht bekanntlich schöner und deshalb gönne ich mir ab und an auch einen. Andererseits gibt es in dieser Häuserzeile bereits ein griechisches und ein italienisches Restaurant. Auch wenn es herzig ist, dass fast das ganze Mittelmeer hier auf kaum 100 Metern kulinarisch vertreten ist (und zu hoffen ist, dass die griechischen und die türkischen Betreiber sich nicht wegen Zypern in die Haare kriegen): Ob die Gäste im dazwischen eingeklemmten Garten des „Cuenstler“ diese Aromabombe aus Döner, Pizza, Gyros und Fisch auf Dauer goutieren werden, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Egal, ob „Schlechter- oder Besserverdiener“.
"Tschako"
Raimund Jäger
Feldkirch
11.12.2019
Keine Heiße Henne mehr auf Weihnachtsmarkt
Vor Kurzem durfte ich eine Diskussion mitanhören: Einige Marktbesucher wollten an einem der Stände am Feldkircher Weihnachtsmarkt die vermeintlich traditionelle „Heiße Henne“ bestellen, so wie jedes Jahr (ehrlich gesagt musste ich das Getränk auch erst googlen: Es handelt sich dabei um warmen Eierlikör mit Sahne, engl. Eggnog). Der Standbetreiber gab dann zu bedenken, dass er diesen beliebten Shot nicht mehr verkaufen dürfe, so laute die Auflage der Stadt. Die Gäste zeigten sich daraufhin entrüstet und könnten für sowas kein Verständnis aufbringen, schließlich hätten sie sich schon lange darauf gefreut. Es entstand eine Diskussion und ich ging weiter. Auf Nachfrage bei den Verantwortlichen erhielt ich folgende Antwort seitens der Stadtkultur und Kommunikation: „Wir verfügen am Feldkircher Weihnachtsmarkt über ein tolles und vielseitiges Gastronomieangebot. Natürlich ließe sich mit starkem Alkoholkonsum ein schnelles Geschäft machen. Für uns gehört aber in Feldkirch viel mehr zu einem gelungenen Weihnachtsmarkt. Mindestens genauso wichtig ist uns aber am Markt das Angebot der Kunsthandwerks- und Handelsstände.“ Bei den Gastronomen gebe es ab 2019 die Regelung: Keine Shots (Heiße Henne), Keine puren hochprozentigen Getränke. Genauso habe man sich bewusst dazu entschieden, die Öffnungszeit auf 20 Uhr zu beschränken. Das ist gut nachvollziehbar, denn auch ich finde, dass ein Weihnachtsmarkt ein guter Mix aus Markt- und Gastronomieständen sein sollte. All jene, denen Glühwein und Glühmost nicht bekommen, denen rate ich einen Besuch in Altenstadt (Amaretto mit Eierlikör) oder bei der Lindauer Hafenweihnacht: Dort gibt es nicht nur Schweinshaxen mit Sauerkraut oder geräuchterte Forelle, sondern Heiße Henne, Hot Caipirinha, Gin Tonic, Pfirsich-Granatapfel-Punsch oder gar 40 % Waldhimbeergeist. Prost!
Bandi R. Koeck
Gastkommentar
Wann wird man je versteh’n...
...lautete der emotionale Schluss-
Refrain einer um die Welt gegangenen Ballade, mit der die gefeierte Marlene Dietrich eingedenk sinnloser Kriegswirren kürzlich eine über sie gedrehte TV-Dokumentation mit fragendem Gesichtsausdruck beschloss.
In Stockholm hielt an seinem 77. Geburtstag in der Schwedischen Akademie der Österreicher Peter Handke seine Rede zum an ihn verliehenen Nobel-Literaturpreis 2019.
Einen Preis, der in der weltumspannenden Literaturszene auch trotz etlicher Würdigungen auf Kritik stieß, nachdem der in Paris lebende Dichter sich durch seine, ihm nachgesagte offensichtliche »Literarische Serbienlastigkeit« mehrmals outete...
Kaum ein anderer europäischer Schriftsteller hatte mit seinen Texten über den Jugoslawien-Krieg mit den schlimmen Kriegsverbrechen und seiner Stellungnahme für Serbien und dessen Nationalisten bis in die Gegenwart für Kontroversen gesorgt.
Die Meinungen dazu sind mannigfaltig. Handke dazu typisch: »Ich hatte nie eine Meinung, ich schreibe auch keine Meinung«. Das menschenverachtende blutige Massaker von Srebrenica bleibt auch nach der Nobelpreisverleihung im Raum stehen...
Peter Handkes Nobelpreis-Rede mit sichtlichen übersetzungs- und gefühlsbedingten Konzentrationen und Zitaten aus seinem dramatischen Werk »Über die Dörfer« war dennoch beeindruckend, obwohl sich manche mehr Kontroverses erhofft hatten...
Wie auch immer, Peter Handke, als selbstbezeichneter »Kleinhäusler« im kärntnerischen Griffen geboren und aufgewachsen, in der Welt herumgekommen und als anerkannter Schriftsteller geltend, verleugnete nie seine Herkunft aus einer Region, die als »windisch« bezeichnet wurde und weiter wird. Es ist eine schöne historische Grenzregion mit liebenswerten Menschen, die vieles Unliebsame und Trennende erleben mussten, aber dennoch aus dieser Region nicht wegzudenken sind. Und Peter Handke ist - wie auch immer - einer der Ihren, wenn auch stets unbequem, mit vielen Haken und Ösen.
Nun, es waren und sind die Schriftsteller, die – wie auch immer - mit ihrem freien Empfinden, Denken und Handeln unsere europäische Kultur ausmachen, auch wenn viele Maulhelden aus der Phalanx der Pseudo-Intellektuellen als Möchtegern-Macher uns stets eintrichtern wollen, was europäische Kultur ist...
Und das gilt speziell für alle, die sich dem Schreiben und der Literatur widmen, die sich dem oder der Nächsten mitteilen wollen. Niemand schreibt für den Papierkorb...
Wir haben viele Menschen - alte und junge - die sich dem Mitteilen gegenüber anderen widmen. Diese gilt es speziell auch in unseren Regionen in ihrem Auftreten zu fördern.
Das nämlich ist die Aufgabe unserer »Kulturgewaltigen« und deren pseudokulturellen Einsagern unter dem Motto »Weischt, i kenn da jemanden...«
Doch zurück zu unserem »Ober-Ketzer« Peter Handke und seine, über ihn derzeit unaufgefordert zu Gericht sitzenden intellektuellen Grottenolme inklusive einheimischer Scheinberufener.
Die internationale Literaturszene feiert gerne ihre »mundgerechten« Autoren in ihrem Kreis der unter sich bleiben zu wollenden Kultur-Eunuchen. Peter Handke brachte diesen Kreis in Unruhe. Doch dieser tröstete sich versinnbildlicht mit der Kleider-Anordnung, dass bei der Stockholmer Preisübergabe Frackzwang herrschen möge. Es geht halt für viele lediglich darum, unter sich zu sein und zu bleiben...
Was im Raum stehen bleibt, ist eine Stellungnahme des Historikers Ludwig Steindorff, der nach einer kritischen Analyse zu den Kriegsverbrechen Milosevics und Karadzic` sowie dem Jugoslawienkrieg wenige Tage vor der Preisverleihung in einem Presseartikel von »kulturbedürftigen, historischen Irrtümern« schrieb...
Marlene Dietrichs traurige Ballade »Wann wird man je versteh’n?« bleibt- unter uns gesagt - nicht zuletzt deshalb leider nach wie vor beklemmend unbeantwortet...
Günther J. Wolf
11.12.2019
Dia Budget-Debatte
war wohl nur
deshalb so kurz,
weil do allna
dia richtiga Worte
g’fehlt hon.
