
Silvia Böhler
50 Cent pro Busticket mehr - Jetzt müssen Taten folgen
Immer mehr Menschen nutzen öffentliche Verkehrsmittel und der Verkehrsverbund Vorarlberg will mit dem laufenden Ausbau des Angebotes sowie günstigen Preisen den Umstieg vom Auto auf Bus und Bahn weiter fördern. Ein Grund zum Jubeln? Weit gefehlt. Denn die günstigen Tickets sind bald nur noch online und damit längst nicht für jeden erhältlich.
Rund 1,5 Millionen Fahrscheine werden jährlich im Bus gekauft, eine Million davon direkt bei den Chauffeuren, erklärt der Verkehrsverbund. Das koste viel Zeit und führe zu Verspätungen, die sich im dichten Verkehr kaum mehr aufholen lassen. Für Entlastung könnten die Ticketautomaten in den Bussen sorgen, doch die seien teuer und würden von den Fahrgästen nur wenig angenommen. Also setzt das Unternehmen nun drastischere Maßnahmen. Wer ab Jänner 2025 ein Ticket beim Buslenker oder am Automaten kauft, bezahlt einen Aufpreis von 50 Cent. Die günstigen Tickets sind ab dem kommenden Jahr nur mehr online erhältlich. „Der digitale Ticketverkauf wird ausgebaut und für jene, die die FAIRTIQ-App nutzen, soll es weitere Rabatte geben“, kündigte der Verkehrsverbund an.
Harsche Kritik an dieser Verkaufspraxis ließ nicht lange auf sich warten. Sowohl der Pensionistenverband Vorarlberg als auch die Volkshilfe Vorarlberg sehen all jene Menschen diskriminiert, die kein Smartphone oder keinen Internetanschluss besitzen, oder einfach mit der Digitalisierung noch nicht zurecht kommen. Letzteres trifft häufig auf ältere Menschen zu, doch deren Bedürfnisse scheinen eine immer geringere Rolle zu spielen. Dabei verzichten gerade sie aus Sicherheitsgründen auf das Autofahren und sind folglich auf Busse angewiesen.
Wahrscheinlich ist es sinnvoll, den Ticketverkauf zunehmend auf den Online-Verkauf umzustellen, doch mit der Brechstange darf das nicht erfolgen. Rabattsysteme und Apps gibt es mittlerweile in vielen Bereichen - egal ob Supermarkt, Baumärkte oder Kleidergeschäfte - überall wird mit Prozenten vordergründig um die Mitgliedschaft geworben und in Wahrheit auf das Sammeln der Kundendaten abgezielt. Kann man sich den Supermarkt oder das Kleidergeschäft aufgrund der Vielfalt aussuchen, ist das beim Öffentlichen Verkehr nicht der Fall. Meiner Meinung nach ist der Verkehrsverbund deshalb ganz besonders zur Gleichbehandlung verpflichtet und muss die günstigen Angebote für alle Menschen zur Verfügung stellen. Insbesondere auch, weil das Land Vorarlberg als einziger Gesellschafter sowie die Gemeinden das Unternehmen finanziell tragen.
Niemand darf durch die Digitalisierung benachteiligt oder sogar ausgeschlossen werden. Zumindest der Kauf von Fahrkarten an den Automaten sollte weiterhin zu einem günstigen Preis möglich sein. Der Verkehrsverbund bekundet Gesprächsbereitschaft und will eine Lösung finden - doch bisher sind das nur leere Worte. Jetzt müssen Taten folgen.