Große Literatur auf der Bühne
Theater Kosmos zeigt Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“
Foto: Veranstalter / Volker Metzler
Mit der Uraufführung von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit – vom Kuchen ein TheaterStück“ bringt das Theater KOSMOS ab dem 8. Mai ein Stück Literaturgeschichte auf die Bühne – frei inspiriert von Marcel Prousts berühmtem Romanzyklus.
In einer ebenso klugen wie verspielten Inszenierung von Philip Jenkins treffen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander, Worte auf Musik, und große Literatur auf das ganz normale Leben. Mit dem Biss in ein Backwerk beginnt die umfangreichste, detaillierteste und einflussreichste Erinnerungs-Reise in der Literatur des 20. Jahrhunderts. Marcels Prousts Roman-Zyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beschreibt auf über 5.000 Seiten eine gesamte Epoche und ihre Gesellschaft, die Natur, die Literatur, das Schauspiel und vor allem die Zeit – viel vergangene, vertane, verlorene Zeit.
Ausdruck und Austausch
Ein geschmäcklerisches Dekadenz-Produkt? Mitnichten. Vielmehr eine Geschichte von Ausdruck, Austausch und von schöpferischer Ausdauer, die im Überfluss immer den richtigen Ort zur richtigen Zeit findet. Ein Werk, das so viel Leben und Welt vorstellbar macht, dass sich Menschen auf der ganzen Welt ihr Leben ohne es nicht vorstellen können. Bestes Bühnenmaterial. Ein Kosmos für das KOSMOS. Drei Textakrobaten hangeln sich durch Marcels schalldichte Erinnerungs-Schreibstube, und immer, wenn es grade am gemütlichsten ist, kommt eine Zeitgenossin rein und verhilft der Gegenwart zu ihrem Recht.
Ein magisches Dreieck
Im Zentrum des Geschehens stehen Sabine Lorenz, Hubert Dragaschnig und George Nussbaumer, der nicht nur als Schauspieler, sondern auch musikalisch das Geschehen auf der Bühne bereichert. Als Swann, Odette und Marcel entwerfen sie ein magisches Dreieck, das sich durch die schalldichte Erinnerungswelt Prousts hangelt – immer wieder aufgebrochen durch die Stimmen der Gegenwart, verkörpert von den Experten aus dem realen Leben Monika Bauer, Ophélie Masson, Karin Müller-Vögel, Philipp Salzgeber, Julien Sénamaud und Monika H. Sommerer. Die Bühne gestaltet Mandy Hanke, für die Kostüme zeichnet Nicole Wehinger verantwortlich. Caroline Bröker unterstützt die Regie als Assistentin.
Das Stück ist keine nostalgische Rückschau, sondern ein wacher, poetischer und humorvoller Dialog mit der Zeit – und ein Plädoyer für die schöpferische Kraft der Erinnerung. Und für alle Marcel-Proust-Kenner: Das berühmte Gebäck kommt natürlich auch vor. (pd)