Silvia Böhler
Landesrat Christian Gantner wird nicht müde, bei jeder Gelegenheit die heimische Landwirtschaft zu loben - so auch am 1. Juni, dem Weltmilchtag. Vorarlbergs Bauern seien ein Vorbild und Spitzenreiter für eine nachhaltige Milchwirtschaft. Die ewige Schönrederei soll vielleicht das Image der Bauern aufbessern, hat aber mit den aktuellen Problemen und Rahmenbedingungen nichts zu tun.
Ein großes Problem ist beispielsweise, dass die Landwirte für ihre Erzeugnisse einen viel zu geringen Preis erhalten. Erst kürzlich forderte Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, mehr Geld. Die Milchpreise würden in keinem passenden Verhältnis mehr zu Aufwand und Produktionskosten stehen. „Wir fordern die Molkereien daher dringend auf, die Erzeugerpreise auf ein kostengerechtes Niveau anzuheben. Unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen endlich einen höheren Wertschöpfungsanteil am Regalpreis und ein Einkommen zum Auskommen.“
Seit Jahren ist auch die Überproduktion von Kälbern und deren Transporte unter unwürdigen Bedingungen ungelöst. Damit Kühe Milch geben können, müssen sie gebären - ist das Kalb männlich, ist es für den Milchbetrieb praktisch wertlos und wird zum Mästen weiterverkauft. Um lange Kälbertransporte zu verhindern, wäre eine Fleischverwertung im Land notwendig und dafür im besten Fall auch ein hiesiger Schlachthof. Doch ein solcher lässt auch vier Jahre nach der Schließung des Schlachthofes in Dornbirn weiterhin auf sich warten.
Ein leidiges Thema ist auch die Kennzeichnung von Lebensmitteln. Konsumenten wünschen sich längst Transparenz, die Herkunft und Haltung von Nutztieren offenlegt. Doch Bauern- und Gastronomievertreter sträuben sich vehement. Stattdessen werden laut Erik Schmid (ehemaliger Amtstierarzt des Landes) mehr als 90 Prozent des Kalbfleisches in der Tourismusgastronomie aus holländischer Intensivhaltung importiert.
Welche nachhaltige Milchwirtschaft Landesrat Christian Gantner meint, wenn er diese über alle Maßen lobt, ist mir schleierhaft.
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