Silvia Böhler
Derzeit findet die Woche des Waldes statt. Schüler sollen den Wald und seine Besonderheiten bei Ausflügen und Waldspielen mit allen Sinnen erfahren. In der Einladung der Landesregierung an die Schulen heißt es: „Es ist dem Land Vorarlberg ein großes Anliegen, dass Kinder und Jugendliche den Wald als wertvolles Stück Heimat entdecken.“ Die Freude am und im Wald sowie der Respekt vor der Natur seien der wichtigste Garant für einen sorgsamen Umgang und den Schutz unserer Wälder.
Allerhöchste Zeit würde ich meinen. Denn schauen wir uns heute in den Wäldern um, finden sich vielerorts karge Waldböden, entwurzelte und umgeknickte Bäume. Längst kommen Zweifel an der bisherigen Waldbewirtschaftung und einem respektvollen Umgang mit der Natur auf. Ein Blick in die Vorarlberger Waldstrategie 2030+ offenbart außerdem, in welche Richtung es in Zukunft gehen soll. Beherrschendes Thema ist der Klimawandel und dessen Folgen für den Wald. Trockenperioden, Hitze, Waldbrände, Starkniederschläge und Stürme sowie die Vermehrung des Borkenkäfers führen nicht nur zu veränderten Wachstumsbedingungen, sondern auch zum Absterben der Bäume. In der Waldstrategie heißt es dazu: „Die Schadholzmengen sind in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen.“
Nun ist der Wald nicht nur für die Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen wichtig, sondern ist auch Schutz- und Nutzwald. Gerade im Hinblick auf die Energiewende – hin zur Nutzung von erneuerbaren Energien - steigt der Bedarf an Holz. Die Politik ruft deshalb seit einigen Jahren zum „Umbau“ des Waldes auf. Anstatt anfälliger Monokulturen sollen naturnahe, klimafitte Mischwälder entstehen. Dazu werden auch Wissenschaft und Technik eingesetzt. In Österreich sind einige Projekte im Gange, die die Genetik der Bäume untersuchen und verbessern sollen. Es wird mit Klonen heimischer und nichtheimischer Bäume geforscht und auch Künstliche Intelligenz soll bei Wachstumsmodellen unterstützen. Das Ziel sind resistente Bäume, die zudem schnell wachsen und eine möglichst hohe Holzausbeute generieren. Spannend und doch irgendwie gruselig. Kommen nach den Turbo-Kühen bald die Turbo-Bäume?
Es entsteht der Eindruck, dass Forstwirtschaft und Waldbau nach wie vor mehr mit der Wirtschaft und dem Kultivieren von Wäldern, als mit Natürlichkeit zu tun haben. Selbstverständlich wird heute auf einen Umbau zu einem natürlichen Wald hingewiesen. Es soll das gesamte Ökosystem Wald berücksichtigt werden und auch in der Waldstrategie 2030+ finden sich dazu ein paar Seiten. Welchen Stellenwert die Natur in der Praxis allerdings gegenüber der Wirtschaft haben wird, wird sich erst zeigen.
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